Über die Ausstellung
Die Ausstellung geht auf eine mehr als 30-jährige Zeitzeugen- und Erinnerungsarbeit zurück, bei der anfangs die Suche und die Kontaktaufnahme zu einigen in alle Welt vertriebenen ehemaligen Schönebergern den Schwerpunkt bildete. Daraus ist 2005 dieser in seiner Form einmalige Gedenkort im Rathaus Schöneberg für die von 1933 bis 1945 verfolgten und ermordeten jüdischen Nachbarn entstanden.
Zurzeit dokumentieren über 170 biografische Alben und 10 Hörstationen die Lebens- und Leidensgeschichte von jüdischen Bürgern aus dem heutigen Doppelbezirk Tempelhof-Schöneberg. Die Mehrzahl der Familien- und Einzelschicksale wurde in Zusammenarbeit mit den Zeitzeugen oder ihren Nachkommen erarbeitet. Persönliche Fotos, Dokumente und Berichte machen ihre Geschichte erfahrbar. Andere Alben sind damals schon bekannten Schriftstellern, Künstlern, Wissenschaftlern und Sportlern gewidmet, darunter auffällig viele fortschrittliche Frauen. Hinzu kommen Biografien von damals schon bekannten Persönlichkeiten: der Nobelpreisträger Albert Einstein, die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Nelly Sachs, drei Mitglieder der Comedian Harmonists, die Sportlerin Lill Henoch oder der Schriftsteller Kurt Tucholsky und viele andere.
Geschildert wird das Leben vor und nach 1933, die Flucht ins Exil, zumeist auch die Deportation und Ermordung von Familienangehörigen. Die biografischen Alben dokumentieren aber auch das Überleben und das Leben nach dem Holocaust bis in die heutige Zeit.
Zu Beginn der NS-Herrschaft 1933 lebten in Schöneberg über 16.000 jüdische Einwohner, 7,35% aller Schöneberger Bürger. Besonders beliebt als Wohnquartier im Bezirk war das Bayerische Viertel. Während der NS-Zeit wurden über 6.000 jüdische Bewohner vor den Augen ihrer Nachbarn aus Schöneberg in die Vernichtungslager deportiert. In Tempelhof lebten damals 2.300 jüdische Bürger (2,03%), von ihnen wurden 230 deportiert. Die Namen der Deportierten sind auf kleinen handschriftlichen Karten, nach Straßen geordnet, nachzulesen. Sie umgeben die biografischen Alben entlang der Wände und bilden in ihrer Gesamtheit eine Art Memorial.
Das Ausstellungskonzept ist ein „work in progress“, d. h. die Ausstellung wird Jahr für Jahr um neue biografische Alben und Hörstationen ergänzt, insbesondere zu den jährlich wechselnden Schwerpunkten.
Seit 2010 ist mit Unterstützung der Senatsverwaltung Kultur aus dem Projekt WIR WAREN NACHBARN eine Dauerausstellung geworden. Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg führt dieses in enger Kooperation mit dem Förderverein „frag doch!“ e.V. fort.