Ärzte / Psychotherapeuten

 

 

Alexander, Meta

(1924-1999)

 

Haberlandstr. 12 und 10*, Bayerischer Platz 4

 

St. Franziskus Oberlyzeum (heute: Katholische Schule St. Franziskus)

 

FU Berlin (Gründungsgeneration)

 

Ärztin

 

 

Meta Alexander wurde am 04.07.1924 geboren, katholisch getauft und erzogen.

1938/39 musste der Vater Ernst Alexander seinen Wäschereiverleihbetrieb abgeben, weil er nun als Jude galt. Die Mutter Käte, geb. Mader, arbeitete als Sekretärin, sie galt als „arisch“; die Ehe als „privilegierte Mischehe“.

Im Zuge der „Fabrikaktion“ im Februar 1943 wurde Ernst Alexander verhaftet und in die Rosenstraße gebracht; er kam wieder frei. Meta Alexander versteckte sich einige Zeit bei der „arischen“ Großmutter.

Da sie nach dem Abitur 1943 als „Mischling“ nicht studieren durfte, arbeitete sie als Laborhilfskraft in der Auergesellschaft, die einen Teil ihrer Produktion nach Konstanz verlegte; Ende 1944 kehrte sie nach Berlin zurück, um bei dem erwarteten Kriegsende bei ihren Eltern sein zu können. Die letzten Kriegstage lebte die Familie im Luftschutzkeller unter der Kirche Zum Heilsbronnen.

Nach dem Krieg baute der Vater mit der Inhaberin seiner ehemaligen Firma den Betrieb wieder auf.

Meta Alexander gehörte zur Gründergeneration der Freien Universität. Nach Promotion und Habilitation wurde sie zur Professorin berufen, war zugleich Chefärztin am Universitäts-Klinikum Westend, heute Universitäts-Klinikum Rudolf Virchow.

 

Fromm, Erich

(1900 - 1980)

 

Bayerischer Platz 1 (Praxis), Salzburger Str. (Wohnung)

 

Sozialpsychologe, Psychotherapeut, Wissenschaftler

 

Aufgewachsen in einer streng gläubigen Familie. Studium der Soziologie in Heidelberg. Ende der 1920er Jahre Ausbildung zum Psychoanalytiker am Berliner Psychoanalytischen Institut. Ab 1930 Leiter der Abteilung Sozialpsychologie am Frankfurter Institut für Sozialforschung. Nach der Brandmarkung der Psychoanalyse als „jüdische Wissenschaft“ ging Fromm 1933 in die Emigration, erst in die Schweiz, 1934 dann in die USA, wo er u. a. an der Columbia University in New York tätig war. 1950 zog er nach Mexiko und 1973 in die Schweiz. Veröffentliche zahlreiche, teils sehr populäre Bücher, u. a. „Die Kunst des Liebens“ (1956).

Jacobsohn, Moritz

(1880 – 1961)

 

Bismarckstr. 33 (heute: Belßstr. 1), Tempelhof

 

Arzt

„Mein Vater war nicht nur ein guter Arzt, sondern auch ein Mensch, dem es egal war, welche Religion ein Mensch hat. Hauptsache, er war gut [...]

Mein Elternhaus war immer offen für die, die nichts hatten. Jeder Bettler bekam Geld und von der Köchin etwas zu essen.“

Zitat: Brief Hannah Manshel an Hans-Werner Fabarius vom 23.April 1988

Moritz Jacobsohn war Reichsbahnarzt, Werksarzt bei Daimler-Benz, praktizierte aber auch als Hausarzt „Den lieben Gott von Marienfelde“ bestellten simulierende Kranke zu Hausbesuchen, wo er mit Kot beworfen wurde. Heimlich gingen selbst Nazis zu ihm. Er ging ins Exil über Großbritannien und Kuba in die USA, wo Quäker ihm eine Professur ermöglichten. Mit 60 Jahren musste er in New York erneut ein Examen ablegen, damit er wieder praktizieren konnte

 Gedenkstein (1990): Marienfelder Allee, Ecke Belßstraße in Tempelhof

Straßenbenennung (1991): Dr.-Jacobsohn-Promenade in Tempelhof

 

Mühsam, Familie

Motzstr. 5, Kurfürstenstr. 115*

 

 

Dr. Wilhelm Mühsam (1874- 1939) war ein berühmter Augenarzt, sein Sohn Heinrich (1900- 1944) war Journalist, er wurde in Auschwitz ermordet, die Mutter Paula (1876-1943) wurde in Theresienstadt ebenfalls ermordet. Gerettet wurden Louise (geb. 1903), die 1938 ins Exil nach Australien ging und Rudolf (1906-1994), der 1937 in die USA emigrierte.

 

Gedenktafel: Vor dem Haus Kurfürstenstr. 115 (an der Bushaltestelle), erinnert an das Vereinshaus des jüdischen Brüdervereins (ab 1939 vom „Judenreferat der Gestapo“ unter Leitung von Adolf Eichmann genutzt)

Szonyi, Lilly (geb. Wolffers)

(geb. 1924)

 

Kufsteiner Str. 19

 

Psychotherapeutin

 

1927 verließ die Familie Wolffers als Folge von Arbeitslosigkeit und Depression die Schweiz und zog nach Berlin, wo ein Bruder der Mutter lebte. Lilly war damals drei Jahre, ihre Brüder Hans und Artur 12 und 13 Jahre alt.

Etwa 1936 mussten sie ihre schöne Wohnung in der Bismarkstraße in Steglitz verlassen, da Juden dort nicht mehr erwünscht waren. Nach viel Mühe fanden sie eine neue Wohnung in Schöneberg in der Kufsteiner Str. 19. Am 9. November 1938 brannte die Synagoge in der Prinzregentenstraße und in der Schule wurde ihr Bruder als Jude beschimpft. Die Mutter meldete Lilly an der jüdischen Waldschule Kaliski in Dahlem an. Dort begann für sie der glücklichste Teil ihrer Jugend. Als Schweizer mit Schweizer Pässen konnten sie Berlin jederzeit verlassen. Doch Onkel Josef, der Bruder der Mutter, der ihnen geholfen hatte, ein neues Leben in Berlin aufzubauen, war ab 1939 bei ihnen zu Hause versteckt. Die Gestapo war hinter ihm her. „Unsere Wohnung ist ziemlich sicher, so hofften wir. So denke ich heute an die Kufsteiner Straße als eine kleine Oase, wo es uns gelang, zwei feine Männer vor dem sicheren Tod zu retten. Als wir wussten, dass beide Onkel in Sicherheit waren, packten wir unsere Koffer.“ Genau einen Monat nachdem die Familie Berlin verlassen hatte, begann der Zweite Weltkrieg. 1942 lernte Lilly Wolffers einen jungen jüdischen Studenten aus Ungarn kennen, der an der Universität Zürich Chemie studierte. Sie heirateten, und wanderten 1952 mit ihren zwei Kindern Petra und David nach Kanada aus. Ein Jahr später erhielten sie Visa für Amerika und gingen in die Vereinigten Staaten. „Dies ist nun unsere neue Heimat, die wir sehr lieben.“

1993 war Lilly Szonyi zu Besuch in Berlin. „Aber nichts ist vergessen, die schrecklichen Verluste wiegen schwerer als die guten Erinnerungen – doch wir sind dankbar, dass wir auch ein paar gute Erinnerungen haben. Berlin-Schöneberg spielt darin eine große Rolle. Heute ist die Familie über die ganze Welt verstreut, doch wir sind immer noch in Kontakt miteinander.“

Wolff, Bruno

(1874 - 1941)

 

Motzstr. 14 (heute Nr. 22)

 

Arzt

 

Bruno Wolff war Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Stabsarzt im Ersten Weltkrieg. Von 1911 bis 1936 Mitinhaber einer gynäkologischen Klinik. Seine Haupthebamme Nanna Corti gründet 1933 die „Reichsfachschaft deutscher Hebammen“. Ab 1938 darf er nicht mehr allgemein praktizieren. 1939 gelingt die Emigration nach Belgien. Dort stirbt er 1941 eines natürlichen Todes.