1. Weltkrieg

 

 

Baeck, Leo

(1873-1956)

 

Am Park 15 (heute Fritz-Elsas-Str. 15)

 

Rabbiner, Religionsphilosoph, Theologe

 

Seit 1912 Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, im Ersten Weltkrieg Feldrabbiner (“Feldgebetbuch“). Ab 1933 ermöglichte er als Präsident der Reichsvertretung der Deutschen Juden (ab 1938 Reichsvereinigung der Juden in Deutschland) vielen Juden die Auswanderung. Er wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert und überlebte. Emigration nach London, Großbritannien. Nach 1948 besuchte er Deutschland mehrfach.


Gründung der Leo Baeck Institute in London, New York und Jerusalem

 

Stolperstein 2012:

Dr. Leo Baeck, Fritz-Elsas-Str. 15, Berlin-Schöneberg

 

 

 

Berliner, Cora

(1890 - 1942)

 

Kufsteiner Str. 6

 

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin

 

1916 Anstellung bei der Stadtverwaltung Schöneberg (Lebensmittelversorgung im Ersten Weltkrieg). Regierungsrätin und 1930 Professorin für Wirtschaftswissenschaften, nach 1933 Reichsvertretung der Deutschen Juden (s. a. Leo Baeck).

Deportation nach Minsk, Maly Trostinec 1942.

 

Bernstein, Paul

(1897 - 1944)

 

Bamberger Str. 18, Heilbronner Str. 22 (sog. „Judenwohnung“)

 

Publizist und Volkshochschullehrer

 

Studium an der Hochschule für Politik, Soldat im Ersten Weltkrieg. In der Erwachsenenbildung tätig, von 1930-1933 Lehrer an der Heimvolkshochschule Habertshof bei Frankfurt. Zahlreiche Artikel zur Arbeiterbewegung. Verheiratet mit der Schriftstellerin Johanna Moosdorf. Deportation nach Theresienstadt im Januar 1944, im September 1944 nach Auschwitz, wo sich seine Spur verliert.

 

Stolperstein (2012): Charlottenstr. 89, Kreuzberg

 

Cohn-Lempert, Familie

Motzstr. 90

 

Staatliche Augusta-Schule (heute: Sophie-Scholl-Oberschule)

 

Dr. Georg Cohn-Lempert (1882-1968) ist Rechtsanwalt und Notar und Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg. 1933 Entzug der Zulassung als Notar, 1938 Entzug der Zulassung als RA. Die Töchter Inge und Jutta Cohn-Lempert sind Schülerinnen der Augusta-Schule. Die Ehefrau und Mutter ist Christin.1940 tritt der Vater Georg Cohn-Lempert aus der jüdischen Gemeinde aus und er und die ältere Tochter Inge (geb. 1918) lassen sich illegal taufen. Der Vater ist  zeitweise zur Zwangsarbeit „dienstverpflichtet“, dann taucht die Familie im Riesengebirge unter, wo alle überlebt haben. Die Tochter lebt heute wieder in Berlin.

Feder, Rolf

(1921 - 2000)

 

Hewaldstr. 8

 

Werner-Siemens-Realgymnasium (heute: Georg-von-Giesche-Schule)
Luise-Zickel-Schule (jüdische Privatschule)

 

Der Vater ist Großhandelsgeschäftsinhaber und Teilnehmer am Ersten Weltkrieg.1933 geht die Familie nach Palästina ins Exil. Nach anfänglichen Schwierigkeiten der Eingewöhnung, Aufbau eines Reiseunternehmens. 1974 kommt Rolf Feder als Vertreter des israelischen Reiseverbandes erstmals wieder nach Deutschland.

Fink, Alice (geb. Redlich)

(geb.1920)

 

Starnberger Str. 3

 

Chamisso-Lyzeum, Haushaltsschule der Jüdischen Gemeinde ab 1935, Ausbildung zur Krankenschwester

 

Der Vater ist Soldat im Ersten Weltkrieg, später verantwortlich für Beerdigungen auf jüdischen Friedhöfen in Berlin. Alice Fink emigriert 1938 nach Großbritannien, später in die USA. Mehrere Familienmitglieder sterben in Auschwitz, Theresienstadt und  Riga. Sie arbeitet nach dem Krieg 1946 im ehemaligen KZ  Bergen Belsen, das vorübergehend zu einem  DP Camp (Displaced Persons Camp) für jüdische Überlebende, die auf die Auswanderung warten, umgewandelt wurde. Dort lernt sie ihren späteren Mann kennen.

 

Stolpersteine (2007) für Ella, Georg und Heinz Redlich, Starnberger Str. 3

Freudenfels, Familie

Hilbertstr.1

Handel

Henriette Freudenfels, geb. Silbermann (1883-Jan.1938), Richard Freudenfels (1879-1941), Textilwarenhandel in Marienfelde u. Lichtenrade. Soldat im Ersten  Weltkrieg, bekam “Eisernes Kreuz” verliehen, Mitglied der Herder-Loge.

Tochter Charlotte (geb. 1910), Emigration 1933 nach Palästina, 1954 in die USA. Sohn Herbert (1913-1976), Emigration 1934 nach Palästina, 1954 in die USA.

Heirat Richard Freudenfels mit Dorothea Silbermann (1882-1941), Schwester v. Henriette, im Okt.1938; vergebliche Bemühungen, die Einreisebedingungen versch. Exilländer zu erfüllen. 27.11.1941 Deportation nach Riga, wo sie am 30.11.41 ermordet wurden.

 

Stolperstein: Hilbertstr.1-2, Berlin-Lichtenrade

Kann, Antonie

(1916 - 2011)

 

Neue Ansbacher Str. 6 (heute: Ansbacher Str. 65)

 

Technische Assistentin, Kinderkrankenschwester

 

Lebte in Berlin-Tiergarten. Ihr Vater konnte dort als Rechtsanwalt auch nach 1933 arbeiten, da er Frontsoldat im Ersten Weltkrieg war. Emigrierte 1939 allein nach Großbritannien, kannte die spätere Schöneberger Adresse der Eltern nur aus deren Briefen. Wegen der bevorstehenden Deportation begingen ihre Eltern 1942 Suizid. Nur um das elterliche Grab in Berlin-Weißensee zu besuchen, kam sie 1992 nach Berlin.

Tucholsky, Kurt

(1890 – 1935)

 

Kaiserallee 79 (heute: Bundesallee)

 

Schriftsteller, Autor

 

Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, in Genf und in Jena. 1915 juristische Promotion, anschließend Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Ab 1918 überzeugter Pazifist. Schrieb seit 1907 satirische Gedichte, Chansons, Glossen sowie Theater- und Buchrezensionen in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, teilweise unter Pseudonym, wie Theobald Tiger oder Peter Panter. In den 1920er Jahren (zeitweilig) Mitglied der USPD, der „Gruppe Revolutionäre Pazifisten“ sowie der „Deutschen Liga für Menschenrechte“. Ab 1926 Mitarbeiter (teilweise auch Herausgeber) der Wochenschrift „Die Weltbühne“; verschiedene seiner Artikel brachten ihm – und Carl von Ossietzky – juristische Verfahren ein. 1930 verlagerte er seinen Wohnsitz weitgehend nach Hindås in Schweden. Am 21.12.1935 starb Tucholsky in einem Göteborger Krankenhaus.

Wolff, Bruno

(1874 - 1941)

 

Motzstr. 14 (heute Nr. 22)

 

Arzt

 

Bruno Wolff war Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Stabsarzt im Ersten Weltkrieg. Von 1911 bis 1936 Mitinhaber einer gynäkologischen Klinik. Seine Haupthebamme Nanna Corti gründet 1933 die „Reichsfachschaft deutscher Hebammen“. Ab 1938 darf er nicht mehr allgemein praktizieren. 1939 gelingt die Emigration nach Belgien. Dort stirbt er 1941 eines natürlichen Todes.

 

Zuckmayer, Carl

(1896 - 1977)

 

Fritz-Elsas-Str.18 (vormals: Am Park 18)

 

Dramatiker, Theaterautor

 

Zog unmittelbar nach dem Notabitur 1914 als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg. Angesichts der Greuel wird er 1918 als Pazifist aus dem Militär entlassen. Nach der Rückkehr ins zivile Leben studiert er u.a. Rechtswissenschaften, doch gilt sein Hauptinteresse dem literarischen Schreiben.  Mit  dem Volksstück „Der fröhliche Weinberg“ (1925), das am Berliner Ensemble uraufgeführt wird, gelingt ihm ein durchschlagender Erfolg, andere Stücke folgen, so „Der Hauptmann von Köpenick“ (1931), er schreibt auch mit  Karl Vollmoeller das Drehbuch für den Film „Der blaue Engel“ (mit Marlene Dietrich und Emil Jannings unter der Regie Joseph von Sternbergs). Mit dem Machtantritt der Nazis wird er 1933 als sogenannter Halbjude mit Aufführungsverbot belegt, er zieht sich daraufhin nach Österreich zurück. Seine finanzielle Lage verschlechtert sich dramatisch. 1938 flieht er in die Schweiz, 1939 dann über Kuba in die USA, deren Staatsbürger er 1946 wird. Er schreibt weiterhin in Deutsch; mit dem 1947 uraufgeführten Stück  „Des Teufels General“ findet er wieder Anerkennung, kann im deutschsprachigen Raum an seine Erfolge vor 1933 anknüpfen. 1958 siedelt er mit seiner Frau in die Schweiz über, deren Staatsbürger er wird. Zuckmayer stirbt im Alter von 80 Jahren in Visp im Wallis.

 

Großer Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (1955)

Gedenktafel: Fritz-Elsas-Str. 18