Emigration / Exil Frankreich

Benjamin, Walter

(1892 - 1940)

 

Kurfürstenstr. 154

Delbrückstr. 23 (Grunewald)

Prinzregentenstr. 66 (Wilmersdorf)

 

Er wurde am 15.7.1892 in Berlin-Schöneberg geboren. Mitte der 1890er Jahre zog die Familie Benjamin in die Kurfürstenstraße 154. Nur einige Jahre später folgte der Umzug in die Nettelbeckstr. 24.
Der weitere Weg der Familie führte über die Carmerstraße in Charlottenburg 1912 in eine eigene Villa in der Delbrückstraße 23 in Grunewald. So folgte die Familie der allgemeinen Bewegung der vornehmeren Familien Berlins um die Jahrhundertwende weiter in den Westen von Berlin.

Benjamin studierte erst in Freiburg i.Br., dann in seiner Heimatstadt Berlin und – nach Kriegsbeginn – in Bern. Dort promovierte er 1919 mit einer Dissertation zum Begriff der Kunstkritik in der Romantik. Ihn verband eine Freundschaft u. a. mit Gershom Scholem und Theodor W. Adorno, Hannah Arendt sowie in Frankreich mit der Fotografin G. Freund (s. eigenes biografisches Album). Von 1917–1930 war er mit Dora Sophie Kellner, gesch. Pollak, später verh. Morser, verheiratet, mit ihr hatte er den gemeinsamen Sohn Stefan Rafael (1918–1972). Nachdem die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, floh Benjamin im September 1933 nach Paris.

 

1939 wurde er verhaftet und für drei Monate inhaftiert. 1940 versuchte er mit Hilfe von Lisa Fittko über die Grenze nach Spanien zu kommen, um dann in Portugal zu versuchen, ein Visum in die USA er erlangen. Die Situation erschien aussichtslos; am 26./27. September 1940 beging Benjamin Suizd. (Port Bou, dort  künstlerisch gestalteter, begehbarer Gedenkort „Passagen“ von Dani Karavan).

Wichtige Schriften: „Passagenwerk“ (1928-29), „Berliner Kindheit“ (1932-38), „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ (1934-39), „Über den Begriff der Geschichte“ (1939). Die meisten Schriften, Essays und Briefwechsel wurden erst posthum herausgegeben (ab 1955 von Th. W. Adorno).
 
Gedenktafel: Prinzregentenstr. 66 (Wilmersdorf)
Platzbenennung am Kurfürstendamm
 

 

 

Freund, Gisèle

(1908 – 2000)

 

Haberlandstr. 7 (heute Nr. 3, von 1938-1996 Nördlinger Str. 3)

 

Fotografin

 

 

Machte im September 1925 an der Rückert-Schule die Mittlere Reife.

Ab 1931 Studium der Soziologie in Frankfurt a. M. In den politischen Auseinandersetzungen gegen den aufkommenden Nationalsozialismus engagiert, ihre Kamera immer dabei. 1933 Flucht nach Paris, porträtiert hier u. a. Simone de Beauvoir, Adrienne Monnier, James Joyce und Exilschriftsteller wie Heinrich Mann oder Walter Benjamin. 1940 Flucht nach Südfrankreich und Leben im Untergrund. Geht 1941 ins Exil nach Buenos Aires. 1952 Rückkehr nach Frankreich. Besucht Berlin nur noch als Fotografin, zu eigenen Ausstellungen und 1996 zur Rückbenennung der Straße ihrer Kindheit in Haberlandstraße.

 

Cederbaum, Moshe

(1910 - 1995)

 

Gossowstr. 11 

 

Lessing-Hochschule, Arbeiterbildungsschule

 

Engagierter Sozialdemokrat, auch in der Liga für Menschenrechte, 1933 ins Exil nach Frankreich, 1933/34 Mitarbeiter bei Radio Luxemburg (Anti-Hitler-Sendungen). 1934 Zertifikat für Palästina. Sanitäter in der Hagana (jüdische Untergrundarmee).

Cohn, Marianne

(1922 - 1944)

 

Wulfila Ufer 52

 

Kinderfürsorgerin

 

Leistet Hilfe zur Flucht für jüdische Kinder. Zionistin. Familiäre Bande zu Walter Benjamin. 1934 Emigration nach Spanien, 1936 nach Frankreich, 1937-1938 Übersiedlung in die Schweiz. 1938 Rückkehr nach Frankreich, Widerstandskämpferin (französische Résistance). 1940-1942 mehrmals Inhaftierung des Vaters, 1942 geht die Familie unter falschem Namen in den Untergrund. 1944 Verhaftung von Marianne Cohn durch die Gestapo, am 8. Juli 1944 Hinrichtung in Ville-la-Grande.

Nach 1945 vielfach in Frankreich, Israel und Deutschland geehrt (Auswahl):

- 7.11.1945: Militärregierung Lyon verleiht ihr posthum das Kriegskreuz mit silbernem Stern

- 1956 Ville-la-Grande: Straßenbenennung nach Marianne Cohn und Einweihung eines Denkmals für sie und andere am selben Tag hingerichtete Widerstandskämpfer

-1982 eröffnet  François Mitterrand zu Ehren von Marianne Cohn einen Garten in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

 

- 1984 Eröffnung der Marianne-Cohn-Schule in Berlin-Tempelhof

- Stolperstein (2007): Wulfila Ufer 52, Tempelhof

 

Mosse, Georg

(1918 - 1999)

 

Maaßenstr. 28

 

Historiker, Wissenschaftler

 

Sohn des Verlegers Hans Lachmann-Mosse. 1933 Enteignung und Flucht der sehr wohlhabenden assimilierten Familie in die Schweiz. Weitere Emigrationsländer: Frankreich, Großbritannien, schließlich 1939 USA, wo er sich als Historiker mit den Themen Masse, Nationalsozialismus und Sexualität auseinandersetzte; zahlreiche Publikationen.

 

„Das Exil hat mich mit Energie erfüllt und herausgefordert wie nichts zuvor.“

 

Proskauer, Erna (geb. Aronsohn)

(1903 - 2001)

 

Kaiserallee 26 (heute: Bundesallee)

 

Juristin

 

1920 zieht Erna Aronsohn mit ihrer Familie aus Bromberg nach Berlin. Abitur 1922, Jura-Studium, Richterin (Assessorin); heiratet 1930 den Rechtsanwalt Max Proskauer. 1933 aus dem Dienst entlassen, Emigration über Frankreich nach Palästina, wo sie eine Wäscherei betreibt.

 

1953 Rückkehr nach Berlin. Niederlassung als Anwältin (später auch Notarin), übernimmt 1968 nach dem Tod ihres (geschiedenen) Mannes dessen Praxis.