Großbritannien

 

 

Angress, Werner T.

(1920 - 2010)

 

Rosenheimer Str. 31

 

Historiker, Wissenschaftler

 

 

Werner Angress hatte eine landwirtschaftliche Grundausbildung für jüdische Auswanderer in Groß Breesen (Schlesien) erhalten, bevor er mit seiner Familie 1937 über Großbritannien in die Niederlande auswanderte. Von Amsterdam aus gelang es ihm 1939, in die USA zu emigrieren. Dort arbeitete er auf einer Farm in Virginia. 1941, als 21-Jähriger meldete er sich zur Armee, wurde einer der „Ritchie Boys“. Angress nahm an der Landung in der Normandie teil und geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach der Freilassung verhörte er selbst deutsche SS-Angehörige. Er erfuhr, dass sein Vater im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden war. Die Mutter und die beiden Brüder hatten untergetaucht in Amsterdam überlebt. 

Er ging zurück in die USA und wurde nach dem Studium Professor für europäische und deutsche Geschichte. In den 1950er Jahren war er mit Ruth Klüger, die Literaturwissenschaftlerin und Autorin wurde, verheiratet; das Paar hatte zwei Söhne. 1988 kehrte Angress nach Berlin (West) zurück.   

 

Ansbach, Familie

 

Peter-Strasser-Weg 22, Tempelhof

 

 

Vereinigtes Askanisches und Tempelhofer Gymnasium (heute: Hugo-Gaudig-Oberschule), Städtische Luise-Henriette-Schule (heute: Luise-Henriette-Oberschule)

 

 

Ruth und Herbert Ansbach sind im kommunistischen Widerstand aktiv. Sie werden verhaftet. Ruth Ansbach kommt von 1934-36 ins Frauengefängnis Barnimstrasse, Herbert Ansbach 1936 ins Zuchthaus Brandenburg. Emigration 1938 in die Tschechoslowakei und 1939 nach  Großbritannien. Deportation der Eltern Oskar und Else Ansbach 1942 nach Riga.

 

 

Stolpersteine (2004) für Oskar und Else Ansbach, Peter-Strasser-Weg 4 (Tempelhof)

 

 

Baeck, Leo

(1873-1956)

 

Am Park 15 (heute Fritz-Elsas-Str. 15)

 

Rabbiner, Religionsphilosoph, Theologe

 

Seit 1912 Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, im Ersten Weltkrieg Feldrabbiner (“Feldgebetbuch“). Ab 1933 ermöglichte er als Präsident der Reichsvertretung der Deutschen Juden (ab 1938 Reichsvereinigung der Juden in Deutschland) vielen Juden die Auswanderung. Er wurde 1943 nach Theresienstadt deportiert und überlebte. Emigration nach London, Großbritannien. Nach 1948 besuchte er Deutschland mehrfach.


Gründung der Leo Baeck Institute in London, New York und Jerusalem

 

Stolperstein 2012:

Dr. Leo Baeck, Fritz-Elsas-Str. 15, Berlin-Schöneberg

 

 

 

Basch, Hildegard

(1915 - 2007)

 

Lutherstr. 51

 

Übersetzerin

 

Ging 1939 allein ins Exil nach Großbritannien.

Erzählt erst 1994 ihrer Tochter, der Künstlerin Barbara Loftus, von der Ausplünderung, Verschleppung und Ermordung ihrer Familie durch die Nazis. Inspiriert diese zu sehr ausdrucksstarken Gemälden und Zeichnungen, die 2013/14 auch in Berlin gezeigt werden

Cassierer, Alice, Arthur und Heinz

in Vorbereitung

Bock, Werner

(geb. 1921)

 

Rosenheimer Str. 21

 

Werner-Siemens-Realgymnasium (heute: Georg-von-Giesche Oberschule)

Luise-Zickel-Schule (jüdische Privatschule)

 

Ingenieur

 

Die Eltern Leonhard und Else (geb. Neustadt) führten das Schuhhaus Neustadt (des Schwiegervaters) in der Münchener/Ecke Grunewaldstraße. Werner Bock konnte durch Kindertransport Deutschland 1939 verlassen und kam nach Manchester/Großbritannien. Nach einjähriger Internierung als „enemy alien“ lebte er dort bis zu seiner Auswanderung 1951 zusammen mit Frau und Sohn nach Kanada. Deportation der Eltern Else und Leonhard Bock 1943 nach Auschwitz.

Werner Bock lebt heute in Kanada.

Cohn, Marianne

(1922 - 1944)

 

Wulfila Ufer 52

 

Kinderfürsorgerin

 

Leistet Hilfe zur Flucht für jüdische Kinder. Zionistin. Familiäre Bande zu Walter Benjamin. 1934 Emigration nach Spanien, 1936 nach Frankreich, 1937-1938 Übersiedlung in die Schweiz. 1938 Rückkehr nach Frankreich, Widerstandskämpferin (französische Résistance). 1940-1942 mehrmals Inhaftierung des Vaters, 1942 geht die Familie unter falschem Namen in den Untergrund. 1944 Verhaftung von Marianne Cohn durch die Gestapo, am 8. Juli 1944 Hinrichtung in Ville-la-Grande.

Nach 1945 vielfach in Frankreich, Israel und Deutschland geehrt (Auswahl):

- 7.11.1945: Militärregierung Lyon verleiht ihr posthum das Kriegskreuz mit silbernem Stern

- 1956 Ville-la-Grande: Straßenbenennung nach Marianne Cohn und Einweihung eines Denkmals für sie und andere am selben Tag hingerichtete Widerstandskämpfer

-1982 eröffnet  François Mitterrand zu Ehren von Marianne Cohn einen Garten in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

 

- 1984 Eröffnung der Marianne-Cohn-Schule in Berlin-Tempelhof

- Stolperstein (2007): Wulfila Ufer 52, Tempelhof

 

Galliner, Moritz & Galliner, Peter

Lutherstr. 21 (heute: Martin-Luther-Str.)

 

Moritz Galliner, Rechtsanwalt und Notar (1874 - 1942)

 

Peter Galliner, Journalist (1920 - 2006)

 

Moritz Galliner war auch Vorstandsmitglied der Jüdischen Reformgemeinde zu Berlin; während des Pogroms 1938 wird seine Kanzlei geplündert. Sohn Peter geht nach Großbritannien in die Emigration, wird später als “enemy alien“ auf der Isle of Man interniert, seine Schwester Anne emigriert in die USA. Die Eltern Moritz und Hedwig begehen Suizid.

 

Zu seinem Lebensende Rückkehr Peter Galliners nach Berlin.

 

Stolpersteine für Moritz und Hedwig Galliner: Martin-Luther-Str. 12

Hiller, Kurt

 (1885 - 1972)

 

Nollendorfstr. 34, Hähnelstr. 9

 

Schriftsteller, promovierter Jurist, Journalist

 

Gründungsmitglied verschiedener literarischer Clubs und Cabarets („Neopathetisches Cabaret“), Sexualstrafrechtsreformer mit Magnus Hirschfeld (Abschaffung § 175)  und mit Helene Stöcker (u. a. Abschaffung des § 218). Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft und 1926 der Gruppe revolutionärer Pazifisten. Mitarbeiter der „Weltbühne“. 1933 Folter im KZ Columbiahaus, danach KZ Brandenburg und KZ Oranienburg. Flucht 1938 nach Großbritannien. 1955 Rückkehr nach Deutschland (Hamburg).

 

Gedenktafel (1990): Hähnelstr. 9

 

Parkbenennung (2000): Kurt-Hiller-Park in der Grunewaldstr. 5 mit Brandwandgestaltung im Hintergrund

 

Gründung der Kurt Hiller Gesellschaft 1998 in Hamburg

Heymann-Loebenstein, Margarete (geb. Heymann)

(1899 - 1990)

 

Thüringer Ring 3

 

Keramikerin, Künstlerin

 

Stand als Keramikerin und Designerin der Manufaktur „Haël“ in Velten vor. Sie war früh verwitwet, hatte zwei Söhne. 1934 wurde ihr Betrieb von Heinrich Schild in Verbindung mit Hedwig Bollhagen „arisiert“. 1933 kurzzeitig Flucht nach Dänemark, später Emigration nach Großbritannien, hieß nach erneuter Heirat Marcks.

House, Marion (geb. Sauerbrunn)

(geb. 1923)

 

Bayerischer Platz 13-14

 

Rückert-Schule (heute: Rückert-Gymnasium), Goldschmidtschule (jüdische Privatschule)

 

Der Vater war Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg und Teilhaber einer Firma mit Sitz an der Berliner Börse. Die Mutter (geb. Mandelbaum) kam als junges Mädchen aus Chrzanow/Polen nach Deutschland. Marion kam im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien, ihre Eltern überlebten das KZ Theresienstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg Arbeit für die amerikanische Militärregierung in München, um ihre Eltern wiederzutreffen, die in Bayern in einem Displaced Persons Lager (DP) lebten. Nach etwa einem Jahr gingen sie gemeinsam in die USA. Lebt heute in New York und besucht als Zeitzeugin häufig ihre alte Schule.

Jacobsohn, Moritz

(1880 – 1961)

 

Bismarckstr. 33 (heute: Belßstr. 1), Tempelhof

 

Arzt

„Mein Vater war nicht nur ein guter Arzt, sondern auch ein Mensch, dem es egal war, welche Religion ein Mensch hat. Hauptsache, er war gut [...]

Mein Elternhaus war immer offen für die, die nichts hatten. Jeder Bettler bekam Geld und von der Köchin etwas zu essen.“

Zitat: Brief Hannah Manshel an Hans-Werner Fabarius vom 23.April 1988

Moritz Jacobsohn war Reichsbahnarzt, Werksarzt bei Daimler-Benz, praktizierte aber auch als Hausarzt „Den lieben Gott von Marienfelde“ bestellten simulierende Kranke zu Hausbesuchen, wo er mit Kot beworfen wurde. Heimlich gingen selbst Nazis zu ihm. Er ging ins Exil über Großbritannien und Kuba in die USA, wo Quäker ihm eine Professur ermöglichten. Mit 60 Jahren musste er in New York erneut ein Examen ablegen, damit er wieder praktizieren konnte

 Gedenkstein (1990): Marienfelder Allee, Ecke Belßstraße in Tempelhof

Straßenbenennung (1991): Dr.-Jacobsohn-Promenade in Tempelhof

 

Kann, Antonie

(1916 - 2011)

 

Neue Ansbacher Str. 6 (heute: Ansbacher Str. 65)

 

Technische Assistentin, Kinderkrankenschwester

 

Lebte in Berlin-Tiergarten. Ihr Vater konnte dort als Rechtsanwalt auch nach 1933 arbeiten, da er Frontsoldat im Ersten Weltkrieg war. Emigrierte 1939 allein nach Großbritannien, kannte die spätere Schöneberger Adresse der Eltern nur aus deren Briefen. Wegen der bevorstehenden Deportation begingen ihre Eltern 1942 Suizid. Nur um das elterliche Grab in Berlin-Weißensee zu besuchen, kam sie 1992 nach Berlin.

Lasker, Emanuel

 

(1868 - 1941)

 

Aschaffenburger Str. 6 a

 

Philosoph, Mathematiker

 

Lasker galt als „Philosoph am Schachbrett“, er war promovierter Mathematiker und von 1894 bis 1921, über 27 Jahre hinweg, Schachweltmeister und verdiente mit Turnierkämpfen seinen Lebensunterhalt. Er war der Schwager von Else Lasker-Schüler, mit der sein Bruder Bertold eine Zeitlang verheiratet gewesen war. Lasker spielte auch Go und Bridge und publizierte neben Arbeiten zum Schach auch philosophische Schriften.

Nachdem die Nationalsozialisten 1933 an die Macht gelangt waren, ging Lasker mit seiner Frau Martha geb. Cohn ins Exil in die Niederlande, 1934 nach Großbritannien, wo er wieder intensiver an Schachturnieren teilnahm. 1935 folgte er einer Einladung in die Sowjetunion. Dort arbeitete er als Mathematiker; angesichts der stalinistischen „Säuberungen“ kehrte er 1937 von einem Besuch bei der Stieftochter in New York nicht mehr zurück und ließ sich dauerhaft in den USA nieder. 1938 wurde er aus Deutschland ausgebürgert. Lasker starb 1941 fast mittellos in den USA.

2001 wurde, anlässlich seines 60. Todestages, die Emanuel Lasker Gesellschaft  gegründet.

 

 

Lewinsohn, Erich

(geb. 1924)

 

Motzstr. 1

 

Werner-Siemens-Realgymnasium (heute: Georg-von-Giesche Oberschule)

 

Fotomechaniker, Handwerker

 

Brach schon 1934 die Schule ab, wegen Schikanen des Lehrers. 1938 ins Exil nach Belgien, lebte dort mit den Eltern und dem Bruder illegal. 1940 mit dem Bruder nach Großbritannien. Die Eltern wurden in Auschwitz ermordet. Es existiert ein letzter Brief der Eltern, den sie vor der Deportation schrieben.

 

Aktiver Zeitzeuge (Interview 1994)

Mosse, Georg

(1918 - 1999)

 

Maaßenstr. 28

 

Historiker, Wissenschaftler

 

Sohn des Verlegers Hans Lachmann-Mosse. 1933 Enteignung und Flucht der sehr wohlhabenden assimilierten Familie in die Schweiz. Weitere Emigrationsländer: Frankreich, Großbritannien, schließlich 1939 USA, wo er sich als Historiker mit den Themen Masse, Nationalsozialismus und Sexualität auseinandersetzte; zahlreiche Publikationen.

 

„Das Exil hat mich mit Energie erfüllt und herausgefordert wie nichts zuvor.“

 

Neumann, Camilla (geb. Seliger)

(1892-1965)

 

Heilbronner Str. 26

 

Krankenschwester

 

Tochter Ursula (später Susan) emigriert als Lehr-Krankenschwester 1938 nach Großbritannien, später in die USA. 1941 Zwangsarbeit von Ludwig und Camilla Neumann. Nach der „Fabrikaktion“ 1943 Deportation von Ludwig Neumann nach Auschwitz. Camilla Neumann geht daraufhin 1943-1945 in die Illegalität und wird von verschiedenen Personen in Berlin versteckt. 1946 „Erlebnisbericht aus der Hitlerzeit“, 1949 Auswanderung in die USA.

 

Ihr früher Erlebnisbericht (1946) wurde in Auszügen in „Orte des Erinnerns Band II, Jüdisches Alltagsleben im Bayerischen Viertel“, Hg. Kunstamt Schöneberg, 1999 (2. Auflage) veröffentlicht.

 

Schurrer, Steffi, geb. Cohn

(geb. 1921)

 

Landshuter Str. 35

 

12./13. Volksschule (heute Scharmützelsee-Grundschule), St. Franziskus-Oberlyzeum

(heute Katholische Schule St. Franziskus) und Jüdische Schule Große Hamburger Straße

 

Kaufmännische Angestellte

 

Sie beginnt 1936 eine kaufmännische Ausbildung.1939 Emigration nach England. Schwester Ruth gelangt mit einem der letzten Kindertransporte nach Großbritannien, wo beide ihre späteren Ehemänner kennenlernen. Die Eltern werden 1942 nach  Trawniki deportiert. Steffi emigriert später in die USA.

 

Stolpersteine (2012) für Frieda und Werner Cohn, Landshuter Str. 35

 

Walbrook, Anton (vormals: Adolf Wohlbrück)

(1896 - 1967) 

 

Münchener Str. 34

 

Schauspieler

 

In der Weimarer Republik populär unter dem Namen Adolf Wohlbrück, insbesondere in historischen Liebhaberrollen. Nach Denunziationen als Homosexueller kehrt er von einem Engagement in Großbritannien nicht zurück. Dort wird er in Filmrollen als „Deutscher“ und besonders als Prinzgemahl Albert besetzt.

Nach dem Krieg temporäre Rückkehr nach München.

Waldston, Gerry (vormals: Gerd Waldstein)

(geb. 1923)

 

Vorbergstr. 3

 

Geboren als Waldstein (wahrscheinlich von Wallenstein), lebten seine jüdischen Vorfahren nachweislich seit 500 Jahren in Deutschland. Der Vater betrieb eine Fabrik für Autoschonbezüge in Berlin-Mitte. Onkel Erwin konnte 1935 nach Brasilien auswandern, die Familie aber nicht nachholen. 1939 Emigration der Familie nach Großbritannien, von dort kam er 1940 zwangsweise nach Kanada. Seit 1945 kanadischer Staatsbürger, gründete dort eine Firma für Werbegrafik. Leidenschaftlicher Sammler, u. a. von deutschen Zigarettenbildern.