Skandinavien

 

 

Bergh, Ilja

1927 - 2015

 

Bregenzer Str. 9

 

Musiker, Pianist, Komponist

 

Ilja Bergh wurde am 22.1.1927 in Berlin-Schöneberg geboren. Sein jüdischer Vater Erwin Bergh war Gesangspädagoge und stammte aus Dänemark. Seine Mutter Marussia wurde 1903 in Twer/Russland als Marussia Schröder geboren. Sie begründete im Zufluchtsland Dänemark später eine weltweit anerkannte Methode für Psychomotorik und Entspannungstherapie.

Wegen der zunehmenden Ausgrenzung und den wachsenden antisemitischen Anfeindungen verließen Berghs 1934 Deutschland und gingen nach Kopenhagen. 1935 zog die Familie Bergh weiter nach Kiew, nachdem der Vater ein Arbeitsangebot als Gesangspädagoge an der Musikhochschule angenommen hatte. Hier erhielt der mittlerweile 10-jährige Ilja

Instrumentalunterricht und eine Einführung in die russische Klaviertradition. 1937 kehrte die Familie aufgrund der politischen Verhältnisse in der UdSSR nach Kopenhagen zurück.

Nach der Besetzung Dänemarks im Jahr 1943 flüchteten der Vater, die Großmutter und ihre gesamte Familie nach Schweden. Die nichtjüdische Mutter Marussia blieb zusammen mit dem 16-jährigen Sohn in Dänemark. Beide tauchten wegen der jüdischen Abstammung Iljas unter und lebten „illegal“.

Nach 1945 ließen sich die Eltern scheiden. Ilja Bergh kehrte 1953 wieder zurück an das Königlich Dänische Konservatorium für Musik, studierte Klavier, Komposition und Formenlehre und machte 1957 erfolgreich seinen Abschluss. 1960 setzte er seine Klavierstudien in München fort. Es entstanden Werke für Klavier und Kammermusik, mit denen Bergh rasch Aufmerksamkeit und Anerkennung gewann. Als Pianist spielte Ilja Bergh in Spanien, Italien, Dänemark und Deutschland. Er lebte und arbeitete in München, Kopenhagen und Berlin und starb am 5.9.2015 in Kopenhagen.

 

Berliner, Gert

(25. August 1924 - 27. März 2019)

 

Winterfeldstr. 25

 

Maler und Fotograf

 

Gert Berliner, 1924 in Berlin geboren, wuchs als einziges Kind einer liberalen jüdischen Familie in Berlin Schöneberg auf und ging hier zur Schule. Sein Vater war Apotheker. 1939 konnte er - mit einem Kindertransport nach Schweden - Deutschland verlassen. Seine Eltern hat er nie wieder gesehen.

1947 emigrierte er von Schweden in die USA und lebte in New York und New Mexico.

Gert Berliner machte sich als Fotograf, Maler und Filmemacher einen Namen. Vor allem in den 60er Jahren publizierte er seine Bilder in den meisten großen US-amerikanischen Magazinen – New York Times, New York Herald Tribune Sunday Magazine, Harpers Bazaar, Saturday Evening Post u. a.

Bekannt wurde besonders seine schwarz-weiß Serie, die einsame Menschen in der Metropole NYC zeigt.

In diese Zeit fiel auch die Begegnung mit Robert Frank. Bei mehreren Filmen arbeiteten  Robert Frank und Gert Berliner zusammen, u. a 1963 "O.K. End Here", 1960 "Sin of Jesus.

Von 1971 bis 1976 lebte er in Rom und Cetona, Italien. Hier hatte er als Maler mehrere Einzelausstellungen.

In Berlin stellte er zuletzt 1995 "Silent Places - A Pilgrimage" im Haus am Kleistpark aus - Fotografien der Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa.

Im Rahmen einer Gruppenausstellung wurden 2014 seine Fotografien in der Howard Greenberg Gallery, NYC gezeigt.

Gert Berliner lebt in NYC, USA.

 

Lehrtätigkeit:

1959  Brooklyn College,

1967 – 68  New York University

1967 – 71 School of Visual Arts (New York)

 

Nach dem Krieg häufige Besuche in Berlin.

Haberland, Familie

Haberlandstr. 7 (heute: Nr. 3, zwischenzeitlich: Nördlinger Str. 3)

 

Stadtplaner, Architekt

 

Salomon Haberland (1836-1914), Teilinhaber der Berlinischen Bodengesellschaft (BBG), Planer und Erbauer des Bayerischen Viertels, des Viktoria-Luise-Platzes u. a., später zusammen mit seinem Sohn Georg (1857-1933). Dieser baute als Architekt u. a. auch den U-Bahnhof Rüdesheimer Platz, die Kaufhäuser Tietz, Hermann Tietz, Karstadt und das Verlagshaus Ullstein. In der NS-Zeit wurde der Straßenname Haberland aus dem Stadtbild gelöscht und die Enkel wurden verfolgt: Dr. Kurt H. (1896- 1942) im KZ Mauthausen ermordet; Dr. Werner H. (1899-1970)  als Homosexueller denunziert und untergetaucht, stiftete nach dem Krieg eine Jugendherberge zur deutsch- israelischen Jugendbegegnung in Überlingen/Bodensee; Enkelin Dr. Edith (1902-1994) und Ehemann Otto Friedrich Hermanns (bis 1933 Staatsanwalt am Schöneberger Kammergericht, gest. 1971) konnten mit den Kindern und Urenkeln Salomon Haberlands, Renate und Ralph, nach Schweden emigrieren.

 

Die von den NS-Behörden in Nördlinger Straße umbenannte Haberlandstraße wurde erst 1996 wieder zurück benannt. Bei der Zeremonie waren auf Einladung des Bezirks die Urenkel Ralph Herrmanns und Renate Gynnerstedt (geb. Herrmanns) aus Schweden anwesend. Ebenso die Fotografin Gisèle Freund, die in der Haberlandstr. 7 im selben Haus wie die Enkel Kurt und Werner Haberland gewohnt hatte.

 

Seit Sept. 2014 ist das Café über dem U-Bahnhof Bayerischer Platz, zugleich „Zeithistorisches Portal“, nach der Gründerfamilie Haberland benannt.

 

Jacoby, Hellmut Erich

(1903 - 1978)

 

Wartburgstr. 19

 

Rechtsanwalt

 

Syndikus der Eisenbahner-Gewerkschaft, 1933 Emigration nach Dänemark. Flucht durch viele Länder, ab 1940 auf den Philippinen (Asien). Lebte später in den USA, dann im Auftrag der UNO in Italien tätig, nimmt die schwedische Staatsbürgerschaft an.

 

Mit seiner Frau, einer Dänin, hatte er eine Tochter, die später Botschafterin Schwedens in Deutschland und Italien wurde.

Laserstein, Lotte

(1898-1993)

 

Stierstr. 19

 

Malerin

 

Studium an der Friedrich-Wilhems-Universität und der Akademischen Hochschule für die bildenden Künste. Bedeutende Vertreterin der gegenständlichen Malerei der „Neuen Sachlichkeit“ in den 1920er Jahren. Ging 1937 ins Exil nach Schweden, hier wirtschaftliches Überleben durch Betätigung als Porträtistin und Landschaftsmalerin. Erst im Alter Anerkennung als freie Künstlerin. In Deutschland wiederentdeckt in den 1990er Jahren durch den Verein „Verborgenes Museum“ mit großer Einzelausstellung 2003 im Berlin Museum/Ephraim Palais. 2010 Ankauf ihres Schlüsselwerks „Nacht über Potsdam“ (1930) durch die Neue Nationalgalerie.

 

Straßenbennung (2007): Lotte-Laserstein-Straße in Schöneberg

Stolperstein (2010): Immenweg 7 in Steglitz für die Mutter Meta Laserstein, geb. Birnbaum

 

Sachs, Nelly (Leonie)

(1891 - 1970)

 

Maaßenstr. 15 (heute: Nr. 12)

 

Schriftstellerin, Lyrikerin

 

Erhält 1966 den Nobelpreis für Literatur, veröffentlicht u. a. „Sternverdunklung“ (Amsterdam 1949). Freundin der schwedischen Autorin Selma Lagerlöf. Geht 1940 mit der Mutter nach Schweden ins Exil, ihr Bräutigam wird in Deutschland verfolgt und ermordet.

 

Gedenktafeln: Maaßenstr. 12 und Lessingstr. 5, Hansa-Schule

 

Tucholsky, Kurt

(1890 – 1935)

 

Kaiserallee 79 (heute: Bundesallee)

 

Schriftsteller, Autor

 

Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, in Genf und in Jena. 1915 juristische Promotion, anschließend Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Ab 1918 überzeugter Pazifist. Schrieb seit 1907 satirische Gedichte, Chansons, Glossen sowie Theater- und Buchrezensionen in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften, teilweise unter Pseudonym, wie Theobald Tiger oder Peter Panter. In den 1920er Jahren (zeitweilig) Mitglied der USPD, der „Gruppe Revolutionäre Pazifisten“ sowie der „Deutschen Liga für Menschenrechte“. Ab 1926 Mitarbeiter (teilweise auch Herausgeber) der Wochenschrift „Die Weltbühne“; verschiedene seiner Artikel brachten ihm – und Carl von Ossietzky – juristische Verfahren ein. 1930 verlagerte er seinen Wohnsitz weitgehend nach Hindås in Schweden. Am 21.12.1935 starb Tucholsky in einem Göteborger Krankenhaus.